Reform der Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), Vorschläge Mai 2024

Reform der Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), Vorschläge Mai 2024

Reformvorschlag von Erich Schweighofer, Fassung 30.05.24
Kandidat der NEOS für die Europawahl; entspricht dem Prinzipien des NEOS Wahlprogramms, ist aber in den Details und Positionen wesentlich weiter ausgearbeitet.

Als solche noch ein Diskussionsbeitrag für die weitere interne NEOS Debatte!

Kurzfassung:

  • Abschaffung der Direktzahlungen (Flächenprämien) bis 2032
  • Mehr Geld für Klein und Mittelbetriebe in der Landwirtschaft durch Förderung von Berg- und Ökobauern
  • Mehr Investitionsförderung für ALLE (auch Großbauern), damit der technologische Wandel durch Digitalisierung und Roboter leichter wird
  • Soziale Grundsicherung auch für Bauern
  • Agrarischer Datenraum für Ernährungssicherung und Umwelt entlastet Klein- und Mittelbetriebe von der Bürokratie und sorgt für ausreichende Datenbasis

Eingeweihten des Agrarrechts ist klar, dass durch die Herausforderungen der bevorstehenden Einbeziehung der Ukraine in die Gemeinsame Agrarpolitik (sehr wahrscheinlich schon vor dem Beitritt), eine grundlegende Änderung der Politik notwendig ist. Das hohe Budget von etwa 55 Milliarden EUR pro Jahr reicht nicht aus, um alle Wünsche erfüllen zu können. Eine Erhöhung ist illusorisch, eher wird auf andere Politikbereiche umgeschichtet werden.

Daher ist vorab SPAREN angesagt, und dies beginnt mit dem größten Ausgabenbrocken, den Direktzahlungen. Die seit der Fischler Reform 2003 bestehenden Direktzahlungen waren Ersatz für die Produktionsprämien, die nicht GATT/WTO-konform waren. An sich eine gute Sache, weil pro Hektar Agrarfläche in gutem Zustand eine Prämie gezahlt wird, die auch an Umweltauflagen gekoppelt ist. Es soll nur produziert werden, was gebraucht wird; falls nicht, ist eine Art Existenzminimum mit den Direktzahlungen gegeben.

Die Ukraine hat riesige Agrarflächen und Direktzahlungen würden das Budget sprengen. Weiters sind dort sehr effiziente Großbetriebe dominant, die diese Prämien gar nicht brauchen. Marktzugang ist alles, was nötig ist; natürlich bei Wahrung der europäischen Standards.

Die Direktzahlungen sollen in einem mehrjährigen Prozess ab 2028 abgeschafft werden. Eine Übergangsphase ist unbedingt erforderlich, damit sich die Landwirte an die neue Situation behutsam anpassen können.

Damit werden etwa 40 Milliarden EUR für andere Zwecke frei.

Ein wesentlicher Teil muss in die ländliche Entwicklung gehen. Gerade in Zeiten der Klimakrise ist dieser Raum als Lebens- und Erholungsraum unerlässlich. LEADER-Projekte, d.h. Verbesserung der Infrastruktur, aber auch der Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben, muss eine noch größere Bedeutung bekommen.

Für Österreich ist eine wesentliche Erhöhung der Förderung der benachteiligten Gebiete (Gebirge etc.) und der Ökobetriebe die Politik, um in einer Art Grundsicherung für Haupt- und nebenberufliche Landwirte das nötige Aktivitätspotential zu sichern, damit der Alpenraum so bleibt wie er ist. Einfach wunderschön, gut zu leben, und natürlich auch als Erholungsgebiet im Sommer wie Winter und damit mitverantwortlich für die wesentliche Wertschöpfung des Tourismus. Unsere geographischen Beschaffenheit als Alpenland macht es notwendig, die Räume offen zu halten, um das jetzige Potential nicht zu schmälern bzw. noch eher auszubauen.

Etwas verkürzt gesagt, würde es bedeuten, dass eben die Unterstützung für die Bergbauern und die Ökobauern etwa um die Hälfte erhöht wird dieses Geld von den Direktzahlungen genommen wird. Der kleinstrukturierten Landwirtschaft muss eine Mindestsicherung geboten werden.

Für die größeren Betriebe – nicht benachteiligt und auch nicht im Ökosektor tätig  -wird es dadurch schwieriger, weil die Unterstützung der Direktzahlungen wegfällt.

Als Kompensation soll die Investitionsförderung ausgebaut werden, weil gerade diese Betriebe den Innovationsschutz durch Digitalisierung und Robotermaschinen mitmachen müssen.

An der Solidarität der öffentlichen Hand für die besonderen Erschwernisse der Landwirtschaft soll nicht gerüttelt werden. Bei schlechtem Wetter (zu warm, zu kalt, zu viel Regen, zu wenig Regen etc.) und Elementarereignissen (Hagel, Überschwemmungen, Lawinen etc.) soll es wie bisher eine großzügige Unterstützung geben. Auch die Markteingriffsmechanismen sollen bestehen bleiben.

Damit sind aber die Möglichkeiten der öffentlichen Hand erschöpft, mehr Budget gibt es nicht durch Steuerleistungen.

Das Geld muss vom Markt kommen, und zwar durch faire Preise. Die Europäische Kommission arbeitet darin, die Position der Landwirte hier zu verstärken und die Verhandlungsmacht gegenüber den Lebensmittelketten durch Kooperation (insbes. Erwerbsgenossenschaften) zu verstärken. Eine Verbesserung des Rechts des unlauteren Wettbewerbs ist ebenso wichtig. Es ist ein schwieriger Prozess, aber machbar und notwendig.

Für sozial Schwache soll es eine Unterstützung der Grundnahrungsmittel geben, damit diese keine Mehrkosten zu tragen haben.

Abschließend – der Ärger mit der überbordenden Bürokratie. Diese ist einfach zu viel, kann aber recht einfach reduziert werden. Schon jetzt ist er Bauer ein gläsener Bauer – die Behörden wissen fast alles über ihn, durch regelmäßigen Überflug der Anbaugebiete, durch umfassende Berichtspflichten etc.

Diese vielen Daten sind für die Ernährungssicherheit und den Umweltschutz wichtig, können aber auch genutzt werden, um dem Landwirt das Los wesentlich zu erleichtern. Mit Einbeziehung des Bankkontos kann weitgehend automatisiert eine doppelte Buchhaltung generiert werden, die nur noch wenig Ergänzung, insbes. um die laufende Produktion, bedarf.

Die Lieferkette ist ein Bürokratiemonster, wenn diese traditionell gemacht wird. Aber mit der Blockchain gibt es eine gute Alternative. Gut entwickelt und angepasst an die Bedürfnisse der Landwirte, kann der Aufwand verteilt werden und für den Konsumenten der Ursprung der Ware dokumentiert werden.

Ein weiterer Vorteil der doppelten Buchhaltung im Vergleich zur Pauschalierung. Es würde recht rasch klar werden, welche Landwirte trotz allem am sozialen Limit leben und eine weitere Unterstützung benötigt. Hiermit kann dieser Nachweis leicht gelingen.